Lernen zu verstehen. Lernen ist nichts Besonderes, die meisten Lebewesen tun es. Informationen schnell auszuwerten, abzuspeichern und umzusetzen – also die klassische Vorstellung von Lernen – machte unsere menschliche Vormachtstellung aus. Heute lernen unsere Computer besser als wir. Was die Lernfähigkeit angeht, werden wir gegen die Computer verlieren. Das, worin wir Menschen noch auf lange Sicht unanfechtbar sein werden, ist das Verstehen. Wir können verstehen. Dieses Verstehen, also nicht das Ins-Gehirn-Pressen von Informationen und Wissen, sondern deren „Verwendung“ ist zentrales Element einer emotionalen Didaktik. Das stumpfe Lernen von abrufbaren Informationen gehört ins Zeitalter der industriellen Didaktik. Was „gelernt“ wurde, kann auch wieder vergessen, also „verlernt“ werden. Wer etwas „verstanden“ hat, kann es nicht mehr „ent-verstehen“, so der Neurowissenschaftler Henning Beck. Eine Prüfung dank des gelernten Wissens gut zu bestehen, ist hilfreich. Mit dem gelernten Wissen tatsächlich etwas anzufangen und die Welt mitzugestalten ist wesentlich erfüllender. Emotionen haben Einfluss auf das Interesse und die Erinnerung und können die intellektuelle Leistungsfähigkeit steigern. Emotionen haben von daher nicht nur eine Auswirkung auf die Gedächtnisleistung, sie bedingen auch die Aufnahme und Verarbeitung der Informationen sowie die Bewertung der Erlebnisse. Damit beeinflussen sie auch die Handlungsbereitschaft und somit das Verstehen.
Passives Lernen führt zu Langeweile
Als ich klein war, gab es nur wenige Arten und Formen von LEGO®-Steinen. Mit diesen haben wir Phantasiewelten erzeugt, die echte Welt kreativ nachgebaut und neue Welten erschaffen. Als mein Sohn klein war, gab es diese Welten bereits als fertige Modelle, als Piratenschiff, Feuerwehr- und Polizeistation oder Weltraumlabor. Wir lassen Kinder also etwas nachbauen, was sich andere ausgedacht haben, nach einem festen Bauplan. So verhindert man Neugierde und Kreativität. Es geht nur um das Nachvollziehen und Nachmachen von Gedanken, die sich andere bereits gemacht haben. Das ist passives Lernen und führt zu Langeweile. Langeweile gehört mit zu den TOP Lernkiller-Gefühlen. Sie verhindert Lernen und Verstehen.
Nur wir Menschen können verstehen
Wenn wir uns nur auf das reine Lernen konzentrieren, werden wir über das Niveau der Maschinen nicht hinauskommen. Verstehen ist das Lernen von Morgen. Verstehen steht am Anfang einer Veränderung. Verstehen geht nicht ohne Lernen. „Jeder Mensch, der etwas versteht, muss vorher gut gelernt haben. Aber nicht jeder, der gut lernt, kann später auch gut verstehen“, so Henning Beck. Wer nur darauf abzielt, dass Gehirne effizient möglichst viele Informationen abspeichern, sollte lieber Programmierer werden, nicht Lernkomplize. Gestalte Verstehens- und Fehlerwelten, indem Du Deinen Lerngästen selbst die Möglichkeit gibst, eigene Erfahrungen zu machen und ihnen nicht Deine Erfahrungen zum unreflektierten Reproduzieren anbietest. Lass Deine Teilnehmer anderen erklären, was sie verstanden haben, so werden sie selbst zum Produzenten neuer Inhalte und Ideen. Durch das Entwickeln eigener Erklärungsmodelle wird das Ursache-Wirkungsprinzip deutlich und das Gelernte richtig verstanden. Denn während das „vermeintlich“ Verstandene erklärt wird, werden Wissenslücken oder Fehler sicht- und fühlbar. Wenn ich es jemand anderem erklärt habe, dann habe ich es verstanden und kann das neu „Verstandene“ auf ähnliche Situationen abstrahieren. Je passiver unsere Lerngäste sind, desto schlechter werden sie verstehen. Richtig und tiefgründig verstehen werden wir dann, wenn wir mit den Grenzen unseres Wissens in Berührung kommen.
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